Trigeminusneuralgie - Symptome, Diagnostik, Therapie | Gelbe Liste (2024)

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Bei der Trigeminusneuralgie handelt es sich um eine neuropathische Schmerzerkrankung mit heftigen, blitzartig einschießenden Gesichtsschmerzen im Versorgungsbereich des N. Trigeminus. Die Attacken können einzeln oder in Serien von bis zu 100x/Tag vorkommen.

ICD-10 Code

  • G50.0 - Trigeminusneuralgie

Trigeminusneuralgie - Symptome, Diagnostik, Therapie | Gelbe Liste (1)

Definition

Die Trigeminusneuralgie ist ein Gesichtsschmerz im Versorgungsbereich der Äste des 5. Hirnnervens, des N. Trigeminus.

Epidemiologie

Von der Trigeminusneuralgie sind ca. 4-6/100 000 Menschen betroffen. Die Erkrankung findet sich etwas häufiger bei Frauen als bei Männern (1,5:1). Das Krankheitsbild kann zwar in allen Altersgruppen vorkommen, erreicht aber einen Höhepunkt seiner Inzidenz im Alter zwischen 50-80 Jahren [2]. Die häufigste Form der Trigeminusneuralgie ist die klassische Trigeminusneuralgie [9].

Ursachen

Der periphere pathogenetische Mechanismus der Trigeminusneuralgie wird durch eine fortschreitende Dystrophie in den peripheren Ästen des Trigeminusnervs induziert, die durch das Kompressionssyndrom (neurovaskuläre Kompression aufgrund von Neoplasien, verengten Knochenkanälen etc.) oder allergischen Immunreaktionen (Mastzelldegranulation) hervorgerufen werden. Dies bestimmt eine langanhaltende afferente Impulsion und den zentralen pathogenetischen Mechanismus (stabiler pathologischer Reizherd vom paroxysmalen Typ im Zentralnervensystem).

Pathogenese

Nach der Klassifikation der International Headache Society werden drei Formen der Trigeminusneuralgie unterschieden, die sich vor allem in ihrer Pathophysiologie unterscheiden [3].

Klassische Trigeminusneuralgie

Die Ursache der klassischen Trigeminusneuralgie ist eine Kompression des N. Trigeminus durch Hirngefäße. Durch die neurovaskuläre Enge kommt es zu einer Demyelinisierung der Nervenscheide, wodurch ektope Impulse generiert werden. Die Erregung springt letztlich von demyelinisierten sensiblen auf nozizeptive Fasern über („ephaptische Signalübertragung“), wodurch auch das Triggern von Schmerzattacken durch taktile Reize erklärt wird. In 90% der Fälle findet der pathologische Gefäß-Nerven-Kontakt zwischen dem N. Trigeminus und der A. superior cerebelli statt; die dahinterstehende Pathophysiologie wird dann als sog. „Jannetta-Mechanismus“ bezeichnet [5,6].

Sekundäre/symptomatische Trigeminusneuralgie

Die sekundäre oder symptomatische Trigeminusneuralgie entsteht in Folge einer Vorerkrankung wie z. B. der Multiplen Sklerose. Weitere Ursachen können Hirnstammischämien oder jegliche raumfordernde Läsionen, wie z. B. Meningeome oder Vestibularisschwannome sein [6].

Idiopathische Trigeminusneuralgie

Bei der idiopathischen Trigeminusneuralgie handelt es sich um eine Ausschlussdiagnose, bei der trotz klassischer Symptomatik in der Diagnostik weder die Kriterien der klassischen, noch der sekundären Trigeminusneuralgie erfüllt werden [3].

Symptome

Leitsymptom der Trigeminusneuralgie sind extrem starke, meist einseitig und blitzartig einschießende Schmerzattacken im jeweiligen Versorgungsgebiet des N. Trigeminus-Astes. Die Schmerzen haben eine Dauer von wenigen Sekunden bis zu ca. 2 Minuten und können sowohl einzeln als auch in Serien mit einer Frequenz von bis zu 100x/Tag vorkommen.

Durch die hohe Intensität der Beschwerden beim Vollbild der Trigeminusneuralgie ist die Lebensqualität der Patient:innen häufig massiv eingeschränkt.

Der 2. und 3. Trigeminusast auf der rechten Gesichtshälfte der Patient:innen ist von der Neuropathie am häufigsten betroffen. Der Schmerz ist streng einseitig und tritt meist rezidivierend in derselben Gesichtshälfte auf.

Typische Trigger der Schmerzattacken sind z. B. Berührungen der Hautareale. Betroffene klagen jedoch auch über ein spontanes Auftreten der Schmerzen oder beschreiben minimale Auslöser wie einen leichten Luftzug oder alltägliche Bewegungen wie Kauen oder Sprechen. Manchmal kommt es zu reflektorischen Spasmen der mimischen Muskulatur. Zudem wird ggf. eine autonome Begleitsymptomatik mit Tränenfluss und Gesichtsrötung beobachtet [2].

Diagnostik

Die Diagnose einer Trigeminusneuralgie wird in erster Linie anhand der typischen Anamnese gestellt. Zum Auffinden von Raumforderungen, vaskulären Pathologien und zur Darstellung von Demyelinisierungen wird ein MRT empfohlen. Des Weiteren können ergänzende Untersuchungen zum Ausschluss einer Multiplen Sklerose oder konsiliarisch durch HNO- oder Zahnärzt:innen sinnvoll sein [7].

Differenzialdiagnostik

Differenzialdiagnostisch kommen bei Betroffenen weitere neurologische Erkrankungen wie der Clusterkopfschmerz, eine Neuropathie im Rahmen einer Herpes Zoster Erkrankung, posttraumatische Neuropathien, Dentalgien oder die Glossopharyngeusneuralgie in Betracht [8]. Besonders bei atypischen und im Augenbereich auftretenden Schmerzen sollte an einen Glaukomanfall gedacht werden. In der Diagnostik ist die Pupille bei Glaukomanfällen jedoch erweitert, während sie bei der Trigeminusneuralgie häufig miotisch imponiert [1].

Therapie

Die folgenden Therapieempfehlungen orientieren sich an der S1-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Neurologie aus dem Jahre 2016 [7]. In erster Linie wird eine Trigeminusneuralgie medikamentös und zunächst in Monotherapie mit Carbamazepin oder Oxcarbazepin behandelt. Aufgrund meist besserer Verträglichkeit, aber tendenziell geringerer Wirkung sind als Mittel der zweiten Wahl Baclofen, Lamotrigin, Gabapentin, Pregabalin sowie Phenytoin anzusehen. Bei therapeutisch unzureichender Monotherapie trotz hoher Dosierung kann eine Kombination von Medikamenten mit verschiedenen Wirkmechanismen in Erwägung gezogen werden.

Wichtig zu erwähnen ist bei der Therapie der Trigeminusneuralgie zudem die Wirkungslosigkeit von klassischen Analgetika wie nichtsteroidalen Antiphlogistika!

Nach Versagen der konservativen Therapie (= nicht ausreichendes Ansprechen auf drei Behandlungsversuche in Monotherapie oder bei erfolgloser Kombination) kann eine Indikation zu einer interventionellen Therapie gestellt werden.

Bei der sog. „mikrovaskulären Dekompression nach Jannetta“ wird ein möglicher Gefäß-Nerven-Kontakt neurochirurgisch durch ein kleines Stück Kunststoff getrennt. Es handelt sich hierbei um die einzig kausale Therapieoption.

Alternativ werden bei der sog. „perkutanen Radiofrequenzthermokoagulation“ die nozizeptiven Fasern des Ganglion Trigeminale thermisch zerstört. Weitere perkutane Verfahren verändern den N. Trigeminus z. B. chemisch oder mechanisch. Als dritte interventionelle Option gibt es radiochirurgische Behandlungen, bei der der N. trigeminus einmalig stereotaktisch bestrahlt wird.

Prognose

Der Verlauf der Erkrankung ist zwar häufig progredient, bei ca. 1/3 der Patient:innen tritt jedoch auch nur eine Schmerzepisode auf. Im Verlauf der Erkrankung kommt es bei über der Hälfte der Patient:innen zu zwischenzeitlichen Remissionen [4].

Prophylaxe

Es gibt keine Therapien mit gesicherter Evidenz zur Prophylaxe der Trigeminusneuralgie.

Autor:

Mathilda Recht (Medizinstudentin)

Stand:

21.10.2022

Quelle:

  1. Gehlen, W. and Delank, H.-W. 2010. Neurologie. Georg Thieme Verlag, Stuttgart.
  2. Grehl, H. and Reinhardt, F. 2022. Checkliste Neurologie. Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart.
  3. International Headache Society. 2018. Headache Classification Committee of the International Headache Society (IHS) The International Classification of Headache Disorders, 3rd edition. Cephalagia.
  4. Lüdtke K et al., Ed. 2019. Physiotherapie bei Kopfschmerzen und Migräne. Thieme, Stuttgart.
  5. Masuhr K, N. M., Ed. 2013. Duale Reihe Neurologie. Thieme, Stuttgart.
  6. Mattle, H., Fischer, U., and Wagner, F. 2021. Kurzlehrbuch Neurologie. Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart.
  7. S. Förderreuther et al. 2012. S1-Leitlinie Trigeminusneuralgie. Accessed 13 October 2022.
  8. S. Maarbjerg et al. 2017. Trigeminal neuralgia - diagnosis and treatment. Cephalalgia : an international journal of headache 37, 7, 648–657.
  9. Suttorp N et al., Ed. 2020. Harrisons Innere Medizin. ABW Wissenschaftsverlag, Berlin.
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